Aufruf zur Besinnung: Jeroen Meijs stellt sensible Skulpturen im “Raum für Kunst” aus. Symbol der Freiheit ist der Albatros.
Von unser RedakteurinSabine Rother
Aachen. ln weichen Rundungen wölbt sich die sllbrlg glänzendeMasse, scharf spicken überdimensionale Zahnstocher große Bohnen, und den Albatros aus leichtem Fichtenholz haben angebrannte Riesenstreichhölzer durchbohrt: Immer wieder findet der niederländische Bildhauer Jeroen Meijs neue Ausdrucksformen, um das Phänomen der Verletzlichkeit umzusetzen.
lm “Raum für Kunst” in der ElisenGalerie Aachen (Friedrich-Wibhelm-Platz) zeigt er bis 24. April eine Auswahl seiner Skulpturen,bei denen er Naturmaterialien wie Alabaster, Marmor und Holz mit Aluminium und Kunststoffenkombiniert.
Jeroen Meijs ist ein stiller Mahner, der mit seinen Werken hinterdie Dinge blickt. Er erreicht dabeieine hohe Asthetik, die den Betrachter jedoch nicht ruhen lässt, ihn zu tiefen, oft schmerzlichen Gedanken lenken will. Der Künstler, Jahrgang 1963, hat in Maastricht Bildhauerei und Rauminstallation studiert. Seine künstlerische Sprache ist ausdrucksstarkund klar. Sie ist geprägt von emotionaler Eindringlichkeit und einem stillen Beharren auf der Vermittlung eines Gefühls der Sorge und Beunruhigung. “Wir müssen uns besinnen, was mit dieserWelt geschieht”, sagt er. “Ich bin kein Aktivist, aber ich möchte,dass die Menschen mehr nachdenken. Unsere Kultur hat auch viele schlechte Eigenschaften. “Fasziniert von der Eleganz und Kraft des Albatros', sieht er dieses Urbild der Freiheit zugleichbedroht durch die Einflüsse einer Zivilisation, die zerstörerisch wirkt, die Natur “verbrennt”.
Zarte Verletzlichkeit liegt auch im archaisch wirkenden Kindergesicht aus Alabaster. Das empfindliche Material bündelt die Helligkeit. Um so schmerzlicher wirkteine Farbveränderııng im Bereichder feinen Stirn-- eine Wunde?
“Für mich ist es wichtig, die Menschen zu berühren, damit sie aufnahmefähig werden.” An Lebenim embryonalen Stadium erinnert ein anderes Werk: Den grauen Marmor durchziehen helle Adern,zugleich wirkt das bereits ausgeprägte Wesen eingesponnen in ein Geheimnis. “Ultraschallfotos meiner ungeborenen Kinder haben mich dazu inspiriert”,gesteht Meijs. “Als ich den Marmor sah, kam mir der Gedanke zur Skulptur. Auch dieses Leben ist bedroht.“Gaja”, der “Mutter Erde” widmet Meijs jene geheimnisvolle Form, bei der man nur von einem einzigen Standpunkt aus Lippenund den Teil eines Gesichtes ausmachen kann.
Steht man woanders, registriert man lediglich eine wogende Materie und sieht die Spiegelungen im Aluminiumguss. “Ein Spiegel, derauch uns aufnimmt”, betont Mejs.